MOBSTRAT: Strategien zur Holzmobilisierung aus Schweizer Wäldern
Der Holzvorrat im Schweizer Wald beträgt rund 420 Millionen Kubikmeter. Heute wird pro Jahr deutlich weniger als die langfristig nachhaltige Menge von 7 Millionen Kubikmeter Holz geerntet. Das Projekt zeigt Wege zur vermehrten Holznutzung auf und ermittelt die damit verbundenen Vor- und Nachteile.
Projektbeschrieb (abgeschlossenes Forschungsprojekt)
Unser Projekt modelliert anhand dreier Fallstudien die Hindernisse und Potenziale für eine vermehrte Holznutzung in der Schweiz. Ausserdem liefert es Schätzwerte zur langfristigen Verfügbarkeit der Holzressourcen.
Hintergrund
Wenn in der Schweiz vermehrt Holz genutzt würde, könnte dies zu einer Reduktion von klimaschädlichem Treibhausgas beitragen und die Umsetzung der Schweizerischen Energiepolitik unterstützen. Allerdings könnte eine vermehrte Holznutzung teils im Widerspruch zu anderen Waldleistungen stehen, etwa denen als Lebens- und Erholungsraum oder als Kohlenstoffspeicher. Zudem könnte eine Steigerung der Holznutzung die Nutzungsmöglichkeiten für nachfolgende Generationen vermindern.
Ziel
MOBSTRAT zielte darauf ab, Bewirtschaftungsstrategien zur Steigerung der Holznutzung zu entwickeln sowie deren Anwendungspotenzial sowie Vor- und Nachteile aufzuzeigen. Im Rahmen von drei Fallstudien (Aargau, Graubünden, Tessin) sollten mithilfe von Daten des Landesforstinventars und Computermodellen die potenziell nutzbaren Holzmengen für die nächsten 100 Jahre sowie die dabei entstehenden Holzerntekosten abgeschätzt werden. Die Evaluation der Strategien berücksichtigt Aspekte wie den Holzzuwachs, den Schutz vor Naturgefahren, die Kohlenstoffspeicherung, die Erholungseignung, die Biodiversität und die regionale Wirtschaft. Bei der Entwicklung der Strategien wurden Interessenvertreter einbezogen, wozu in der Fallstudie Tessin ein umfangreiches Mitwirkungsverfahren verwendet wurde.
Bedeutung
Das Projekt MOBSTRAT soll die Methoden zur Modellierung und Schätzung der Holzressourcen verbessern. Es soll aufzeigen, unter welchen Bedingungen mehr Holz nachhaltig genutzt werden kann. Zudem verbessert MOBSTRAT Instrumente, dank derer Entscheidungstragende in Politik und Waldwirtschaft die Konsequenzen einer verstärkten Holznutzung besser abschätzen und in ihrem Handeln unterstützt werden können.
Anwendung
Die Studie hat gezeigt, dass im Schutzwald die Finanzhilfen für eine fachgerechte Schutzwaldpflege ein sehr wichtiger Treiber für die Nutzung sind. Sie zeigt im Weiteren, dass eine vermehrte Nutzung in den nächsten Jahrzehnten, also ein Holzvorratsabbau, später den Holzzuwachs reduziert. Langfristig gesehen gleichen sich solche Mehr- und Mindernutzungen im hier untersuchten Rahmen also etwa aus.
Ergebnisse
Die Fallstudie im Aargau zeigt u.a., wie sich die Holznutzung um 25 Prozent erhöhen liesse, wenn vermehrt Nadelbäume angepflanzt und die Umtriebszeiten verkürzt würden. Allerdings ist diese Strategie riskant, weil die Fichte – der wichtigste Nadelbaum im Aargau – empfindlich auf wärmeres Klima reagiert. Auch sind beim Nadelholz die Kosten für Entrindung und Entastung höher als beim Laubholz. Durch eine Vorratsreduktion ohne Nadelholzförderung könnte die Holzernte um 9% gesteigert werden, allerdings wirkt sich das ab ca. 2050 negativ auf den Zuwachs und damit die Verfügbarkeit von Holz für künftige Generationen aus. Die Szenario-Berechnungen ergaben etwas höhere Erntekosten und geringere Holzerntemengen, wenn mehr ökologisch wertvolle Habitatbäume stehen gelassen werden.
Die Fallstudie Graubünden unterstreicht die grosse Bedeutung der Schutzwälder für die Holznutzung, die dort erst durch die Finanzhilfen von Bund und Kantonen möglich wird. Im Gebirgswald wäre zwar eine Nutzungssteigerung um 50 und mehr Prozent möglich, ohne dass die Holzvorräte abnehmen würden. Dabei nehmen allerdings die Erntekosten pro Kubikmeter zu, weil Holz zunehmend in schlecht erschlossenen Wäldern geerntet wird.
In der Tessiner Fallstudie entwickelten wir gemeinsam mit Stakeholdern Bewirtschaftungsszenarien für Wälder, in denen die Kastanie – ein für die Region wichtiger Baum – vorherrscht. Für die Umsetzung dieser Szenarien wären allerdings hohe Subventionen und mehr Fachkräfte erforderlich. Zudem wären entsprechende Anstrengungen in die Aus- und Weiterbildung unabdingbar. Die drei Fallstudien zeigen, dass insbesondere die verstärkte Nutzung der Schutzwälder erhebliche Holzmengen mobilisieren und zugleich deren Zustand verbessern würde. Ausserhalb der Schutzwälder ist aber eine verstärkte Holznutzung kaum wirtschaftlich. Um die Umsetzung von Strategien zur Holzmobilisierung zu erleichtern, gilt es, die relevanten Stakeholder frühzeitig einzubeziehen.Originaltitel
MOBSTRAT: Timber mobilization strategies for Swiss forests: Assessing opportunities and constraints on different spatial and temporal scales